Abwasser als Ressourcenlieferant

Erfolgreiche NEFI Online-Seminarreihe geht im Herbst weiter

© Getty/abadonian
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09.07.2020

Kläranlagen sind derzeit oft noch die größten Energieverbraucher einer Gemeinde. Doch Experten/-innen sind sich einig: Abwasserreinigungsanlagen (kurz: ARA) werden künftig auch in der Energieversorgung eine Rolle spielen. Dementsprechend groß war das Interesse an der Online-Seminarreihe „Abwasserbehandlungsanlagen als Energiedrehscheibe und Ressourcenlieferant“, durchgeführt im Rahmen der Vorzeigeregion NEFI – New Energy for Industry (NEFI_Lab).

Jeweils zwischen 50 und 70 Teilnehmer/-innen informierten sich und diskutierten an drei Terminen mit Experten/-innen über die ARA als integraler Bestandteil der Energie- und Wertstoff-Nährstoffrückgewinnung. Organisiert wurden die Seminare vom Cleantech-Cluster der oö. Standortagentur Business Upper Austria, AEE INTEC und dem Lehrstuhl für Energieverbundtechnik der Montanuniversität Leoben.

DI Wolfgang Gruber-Glatzl von der außeruniversitären Forschungseinrichtung AEE INTEC stellte am 8. Juni 2020 das von den dortigen Forschenden entwickelte Decision Support Tool (DEST) vor. Damit können verschiedene konventionelle und neuartige Technologien auf Abwasserreinigungsanlagen kombiniert und berechnet werden. Diese Technologievariationen werden im Tool energetisch, ökonomisch und ökologisch bewertet. Das Ergebnis unterstützt die Entscheidungsfindung über den Einsatz innovativer Technologieszenarien sowie über die Nutzungsmöglichkeiten verschiedener Energieformen am Kläranlagenstandort im Zusammenspiel mit den Energienetzen Gas, Strom und Fernwärme. Der Referent ging auf die energetischen Potenziale im Gesamtsystem ARA ein und lieferte auch spannende Einblicke in die stoffliche Nutzung von Abwässern und Klärschlämmen zur Schließung kritischer Stoffkreisläufe. Die Wiederverwendung essenzieller Rohstoffe, welche sich in der Senke ARA konzentrieren, ist eine vieldiskutierte Möglichkeit zur Effizienzsteigerung von Ressourcen.

Energieressourcen suchen und finden

Ein Fünftel des Energiebedarfs von Gemeinden ist auf Abwasserreinigungsanlagen (ARA) zurückzuführen. Andererseits gibt es oft ungenutzte Energieressourcen in den Kläranlagen. Wo diese zu finden sind und wie diese genutzt werden können, erzählte Dr. Ingo Leusbrock von AEE INTEC beim zweiten Seminar am 25. Juni. Technische Lösungen dafür seien teilweise vorhanden oder in Entwicklung. Aber alle ausgeklügelten Konzepte reichen für den Experten noch nicht. Lag bisher der Fokus bei der ARA auf Eigenversorgung bzw. Energieautarkie, muss die ARA künftig zu einer Energie- und Ressourcendrehscheibe werden. Dazu seien Kooperationen zwischen allen Akteuren notwendig, ist Leusbrock überzeugt. Bei mehr als 3000 Fernwärmesystemen in Österreich sieht der Experte beispielsweise große Synergiepotenziale durch Integration der ARA in die Fernwärme, es müsse aber aktiv nach Potenzialen gesucht und die Nutzung vorangetrieben werden. Kerstin-Pfleger Schopf vom Lehrstuhl für Energieverbundtechnik der Montanuniversität Leoben präsentierte das Tool „Optievlex“. Dieses kann zur Ermittlung zeitlich ausgelöster Flexibilitätspotenziale verwendet werden, um elektrische Ausgleichs- oder Regelenergie bereitstellen zu können. Rainer Wiedemann (Rabmer Gruppe) stellte realisierte Beispiele vor, wie Wärme aus Kläranlagen mittlerweile erfolgreich genutzt wird.

Abwasserreinigungsanlage als Bioraffinerie

Wie Chemikalien- und Nährstoffe aus Abwasser und Klärschlamm rückgewonnen werden können, erfuhren die Teilnehmer/-innen am 8. Juli. DI Wolfgang Gruber-Glatzl wies in seiner Einleitung auf gesetzliche Änderungen hin, die zukünftig eine Ausbringung von Klärschlamm auf landwirtschaftliche Flächen stark limitieren werden und Abwasseranlagenbetreiber vor große Herausforderungen stellt. Er sieht deshalb eine klare Tendenz Richtung Monoverbrennung von Klärschlamm, nach dem Vorsorgeprinzip. Somit sei es wichtig, Möglichkeiten zu identifizieren, die ein gefahrenloses Wertstoffrecycling möglich machen. Denn die ARA sei nicht nur Wertstoff- sondern auch Schadstoffsenke. Wie eine kombinierte Nährstoffrückgewinnung von Stickstoff, Phosphor und Kalium mit einem zeolithbasierten Verfahren funktioniert, stellten DIin Dr. in Bettina Muster-Slawitsch von AEE INTEC und Ass.Prof. DI Dr. Markus Ellersdorfer von der Montanuniversität Leoben vor. Diese Elemente sind die wichtigsten Makronährstoffe der Pflanzenwelt und für Wachstum und Entwicklung unabdingbar. Mittlerweile kann auch Zellstoff aus dem Abwasser rückgewonnen werden, wie Jacob Schwarz von der PVS GmbH berichtete. Er erläuterte die technische und ökonomische Machbarkeit dieser innovativen Technologie.

Die Online-Seminarreihe wird aufgrund des großen Interesses am 9. September 2020 um 10:00 fortgesetzt. Nähere Infos zur Anmeldung und Themen finden Sie in Kürze auf der NEFI-Website sowie im CTC-Veranstaltungsbereich.

 

NEFI wird aus Mitteln des Klima- und Energiefonds im Rahmen der Vorzeigeregion Energie finanziert. Das NEFI_Lab wird kofinanziert durch die Bundesländer Steiermark und Oberösterreich.


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